Once Upon a Time in Hollywood (USA 2019)

Was wäre wenn ... alles in dieser Nacht vom 8. auf den 9. August 1969 ganz anders gekommen wäre?

Was wäre wenn ... alles in dieser Nacht vom 8. auf den 9. August 1969 ganz anders gekommen wäre? Damals, als vier Mitglieder der Manson Family in die Villa von Roman Polanski und seiner schwangeren Ehefrau Sharon Tate am Cielo Drive in West Hollywood eindrangen und fünf Menschen grausam ermordeten. Quentin Tarantino versucht sich an einer möglichen Variation der Mordnacht.

 

Als Satire auf eine sich selbst feiernde Filmindustrie, die sich in ihren beschaulichen Hügeln und Canyons in Sicherheit wiegte; abgeschirmt von einer sich in den späten 60ern und frühen 70ern radikal verändernden Welt und nicht wahrhaben wollend, dass sie mitten in einer finanziellen Krise steckt, weil sie mit diesem Wandel nicht Schritt halten konnte. Bis Hollywood von den Tate-Morden in seinen Grundfesten erschüttert wurde.

 

Dabei bildet das grausame Sektendrama, das als das Ende dieser klassischen Epoche gesehen wird, nur den Rahmen des Films – das Bild füllen andere Geschichten um Schein und Sein im La-La-Land. Vor allem die des selbstzweifelnden, trinkfesten Rick Dalton. Leonardo DiCaprio glänzt hier als glanzloser TV-Westernheld. Auch dessen Stuntdouble Cliff Booth alias Brad Pitt würde gerne zeigen, was er alles auf dem Kasten hat. Allerdings lässt das Gerücht, er hätte seine Frau versehentlich mit der Harpune gekillt, die Jobangebote ausbleiben.

 

Mit nostalgischen Details beschwört Tarantino die guten alten Zeiten herauf, nur um sie gleich darauf zu begraben. Das ist stimmungsvoll, doch zuweilen ein wenig handlungsarm: Minutenlange Autofahrten führen ins Nirgendwo, die Dialoge waren schon einmal bissiger und der finale fünfminütige Gewaltexzess nach zwei Stunden Gemächlichkeit wirkt irgendwie deplatziert.

 

Es wird nie ganz klar, ob die Hollywood-Hommage nun tatsächlich ein Liebesbrief von Tarantino an jene Zeit sein soll oder nicht vielmehr eine Abrechnung. Auch deshalb, weil darin unverblümt kritisch gezeigt wird, was wir alles heute nicht mehr im Kino sehen wollen. Eine Filmwelt voller weisser Cowboys, die nicht einmal wissen, wie man Diversität überhaupt schreibt. In der die Männer Opfer sind und die Frauen vor allem als dümmlich schmuckes Beiwerk fungieren.

 

Dafür werden die Zuschauer:innen auf der audio-visuellen Ebene von einer sehnsuchtsvollen Wärme regelrecht eingelullt. «Once Upon a Time» ist voll von popkulturellen Ikonen jener Zeit – ein Soundtrack mit Top-Forty «needle drops», alte Radiowerbung für Produkte wie Tanya-Bräunungsöl und Heaven-Sent-Parfüm, Kinofassaden, Filmplakaten und Modetrends.

 

In Quentin Tarantinos Welt hat es so etwas wie politischen Protest oder soziale Konflikte nie gegeben. Vielleicht ist die Frage, die sich durch seine fantastische Brille gesehen geradezu aufdrängt, deshalb das Bissigste an diesem Film: Wenn es die Tate-Morde nicht gegeben hätte, wären wir dann womöglich auf ewig in diesem Hollywood-(Alp)Traum gefangen geblieben?

 

Sarah Stutte ist Programmmacherin im Kino Nische.

 

Das Kino Nische zeigt «Once Upon a Time in Hollywood» im Programm «Metakino» am 1. Dezember um 19.30 Uhr.

 

The Birds (USA 1963)
The Birds (USA 1963)
Schau mal

«Die Vögel», ein Film für … Ornithologiefans, Liebespaare, Ökoaktivist:innen? Ein bisschen für alle. Wenn man so will – ein Film für die ganze Familie!

The Silence of the Lambs (USA 1991)
The Silence of the Lambs (USA 1991)
Schau mal

«Das Schweigen der Lämmer» hat Sonderstatus. Ich erinnere mich noch gut daran, als meine ältere Cousine den Film von meinem Vater ausleihen wollte.

Paterson (USA 2016)
Paterson (USA 2016)
Schau mal

Immer wieder vergessen wir, wie schön die alltäglichen Dinge sind. Die morgendliche Bialetti auf dem Herd, eine gute Mütze Schlaf oder das perfekte Butterbrot.