Die 70-jährige Witwe Mahin lebt seit der Emigration ihrer Tochter nach Europa allein in Teheran. Auf den wiederholten Ratschlag hin, sich gegen die Einsamkeit einen Lebenspartner zuzutun, geht sie eines Tages überraschend offensiv auf einen Mann zu. Zufällig hat sie aufgeschnappt, dass dieser Taxifahrer und alleinstehend ist – und lässt sich von ihm heimchauffieren. Schwerelos, mit märchenhaften Zügen, entwickelt sich ein Abend voller Überraschungen und Wendungen – in dem Lily Farhadpourn in der Rolle als Mahin verzaubert. Wie ungewöhnlich dieser Plot von «My Favourite Cake» ist, in dem sich zwei Fremde treiben lassen und der Lebensfreude hingeben, wird umso deutlicher, wenn man ihn mit «The Seed of the Sacred Fig» von Mohammad Rasoulof vergleicht. Dieses weitere Werk aus dem Iran, das im November in die Kinos kommen wird, setzt sich auch mit der Lebensrealität der Frauen im Iran auseinander. Zwei Töchter beginnen in ihrer Familie die starren Strukturen zu hinterfragen; unterstrichen wird ihr Anliegen mit dokumentarischen Aufnahmen der Proteste und der exzessiven Polizeigewalt im Iran 2022. «My Favourite Cake» hingegen überstrahlt die Realität mit Humor und einer Fantasie, die zu schön ist, um wahr zu sein. Am Ende bleibt das Träumen.
Den Macher*innen beider Filme war untersagt, an den Weltpremieren in Berlin und Cannes anwesend zu sein; Rasoulof ist die Flucht geglückt, auch um eine langjährige Gefängnisstrafe zu umgehen.
«My Favourite Cake» kommt ab 24. Oktober in die Kinos; «The Seed of the Sacred Fig» Mitte November. Beide sind im Cameo zu sehen.
Liliane Hollinger ist Programmmacherin im Kino Cameo.
