The Silence of the Lambs (USA 1991)

«Das Schweigen der Lämmer» hat Sonderstatus. Ich erinnere mich noch gut daran, als meine ältere Cousine den Film von meinem Vater ausleihen wollte.

«Das Schweigen der Lämmer» hat Sonderstatus. Ich erinnere mich noch gut daran, als meine ältere Cousine den Film von meinem Vater ausleihen wollte. Der hatte eine ganze Sammlung an DVDs, die er selbst gebrannt hatte, weigerte sich nun aber, diesen einen herauszugeben. Ich glaube, meine Cousine war da erst 14 Jahre alt, sein Zögern also verständlich. Seit diesem Vorfall umgibt den Film eine spezielle Aura. Der etwas sonderbar anmutende Titel trägt seinen Teil dazu bei: das Schweigen der Lämmer.

Wer schweigt, wer sind diese Lämmer? In dem Film wird zunächst ziemlich viel geredet. Im Zentrum stehen die Begegnungen zwischen dem kannibalistisch veranlagten und vom FBI inhaftierten Serienmörder Hannibal Lecter (Anthony Hopkins) und der FBI-Agentin in spe Clarice Starling (Jodie Foster). Selbst ein ehemaliger forensischer Psychiater soll Lecter dabei helfen, das ungewöhnliche Muster eines anderen Serienmörders zu entschlüsseln. «Good Morning», ist nun das Erste, was dieser Mann mit ungewöhnlichem Werdegang zu Starling bei ihrem ersten Treffen sagt. Anständig und höflich ist seine Anrede, gerade und mit der Körperspannung eines Olympioniken steht er in seinem blauen Häftlingsoverall inmitten der Zelle. Und schon ist in dieser Präsenz das Unheimliche fassbar, das die Musik zuvor angedeutet hat. Lecters Ton ist vertraut, seine Haltung voller freudiger Erwartung, so, als ob er diese junge Frau schon ganz genau kennen würde. Klar ist, dass Starling von diesem Moment an bereits gefangen ist im Netz des High-End-Psychopathen: Steif und unbeholfen folgt ihre förmliche Anrede. Sie wirkt wie das Schulkind, das sich vor der Schelte des Lehrers schon fürchtet, bevor es überhaupt etwas gesagt hat. Kurz darauf heisst es dann «closer please» – Lecter fordert, dass sich Sterling ausweist. Gehorsam streckt sie ihm ihren Ausweis ein wenig näher. Er aber insistiert befremdlich intonierend: «Closer». Damit ist die Grundbewegung dieses Films gesetzt: Wie das Licht die Motte, zieht Hannibal Lecter die werdende FBI-Agentin in seinen Bann.

Oder ist umgekehrt? Ist doch Starling die Lichtquelle, und das Insekt ist der Ex-Forensiker, der gar nicht anders kann, als sich von ihr angezogen zu fühlen? Der Film lebt von den Verschiebungen, die sich zwischen den beiden Figuren ergeben. Das Zusammenspiel von Jodie Foster und Anthony Hopkins fasziniert – gleich beide haben für ihre Darstellung einen Oscar erhalten. Beinahe geht dabei vergessen, dass es eigentlich noch einen anderen Fall zu lösen gibt. Das jüngste Opfer von Buffalo Bill – so heisst der Serienmörder, der noch immer auf freiem Fuss ist – ist die Tochter einer Senatorin. So kommt auch dieser Handlungsstrang ins Rollen. Der Film zieht die Zuschauer*innen endgültig in seinen Bann. Scheinbar mühelos verbinden sich darin die spannungsgeladene Jagd nach einem Serienmörder mit den nicht minder spannungsvollen Dialogsequenzen zwischen Starling und Lecter. Der Film ist zugleich tiefschürfendes Psychogramm seiner Figuren und raffinierter Thriller. Seine Altersfreigabe verdient er sich ausserdem mit ein paar tatsächlich sehr unheimlichen Sequenzen. Nachtsichtgeräte spielen dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle. Nun aber genug verraten. Zumindest darüber, was es mit diesen Lämmern aus dem Titel auf sich hat, möchte ich – für diejenigen, die den Film noch nicht gesehen haben – hier schweigen.

Läuft im Kino Cameo in der Kultfilmreihe «Hello again», am 18. September 2024 um 20:15 Uhr und am 28. September 2024 in der Nocturne um 22:30 Uhr.

Bendicht Furrer ist mitverantwortlich für das Jugendprogramm Kino Reloaded im Kino Cameo.

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