Von den Eltern werden die drei Töchter, von denen Reyhaneh Jabbari die älteste ist, liberal erzogen. Die Eltern wollen, dass sie genauso viel erreichen können wie Männer. Deshalb hat Reyhaneh ehrgeizige Träume, studiert Informatik und jobbt nebenbei als Inneneinrichterin.
Dann aber, im Sommer 2007, lernt die 19-Jährige in einem Café den ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter und Familienvater Morteza Abdolali Sarbandi kennen. Unter dem Vorwand, er müsse als Chirurg seine Praxisräume umgestalten, lockt Sarbandi die junge Frau in eine leerstehende Wohnung, wo er versucht, sie zu vergewaltigen.
Doch Reyhaneh wehrt sich und sticht den Angreifer in Notwehr mit einem Messer nieder. Danach flüchtet sie aus der Wohnung, verständigt aber noch den Rettungsdienst. Sarbandi verstirbt kurz darauf und Reyhaneh wird verhaftet. 2009 wird sie in einem unfairen Schauprozess wegen Mordes verurteilt – zum Tode durch den Strick, nach dem Vergeltungsgesetz der Blutrache «Qisās».
Eindrücklich schildern die Eltern und Schwestern, die vor der Kamera immer wieder mit ihren Gefühlen kämpfen, diese Zeit, in der sie ihrer Tochter nicht helfen konnten, weil der Staat von den Beweisen bis zum richterlichen Beistand jegliche Hilfe behinderte und Tatsachen manipulierte.
Sieben Jahre – sieben Winter – sitzt Reyhaneh in verschiedenen Gefängnissen in Teheran. Trotz aller inländischen und weltweiten, politischen und menschenrechtlichen Bemühungen, die unschuldige Frau freizubekommen.
Die einzige Hoffnung, die Reyhanehs Familie bleibt, ist die Vergebung durch Sarbandis Familie. Das iranische Blutrachegesetz sieht vor, dass diese bei der Hinrichtung selbst entweder den Stuhl unter Reyhaneh wegzieht oder sie letztendlich in die Freiheit entlässt. Dafür soll die inzwischen 26-jährige Frau jedoch ihre Anschuldigungen gegen Sarbandi zurücknehmen. Doch sie bleibt bei ihrer Aussage.
Die deutsche Regisseurin Steffi Niederzoll, die Reyhanehs inzwischen im deutschen Exil lebende Familie durch ihren iranischen Freund kennenlernte, hat mit «Sieben Winter in Teheran» einen genauso schockierenden wie emotional berührenden Dokumentarfilm gedreht. Dieser schwankt zwischen Verzweiflung und Hoffnung und zeigt auch für die Familie des Vergewaltigers Verständnis.
Der Film wurde mit aus dem Land geschmuggelten Audio- und Videomaterial realisiert sowie anhand von Tagebucheinträgen der jungen Frau. Die verstorbene Reyhaneh wird durch die Stimme der «Holy-Spider»-Schauspielerin Zar Amir Ebrahimi wieder lebendig, die diese Tagebucheinträge im Film liest.
Sarah Stutte ist Programmmacherin im Kino Nische.
Das Kino Nische zeigt «Sieben Winter in Teheran» im Programm «Women of Iran», am 10. Dezember um 19:30 Uhr. Im Anschluss an den Film findet ein digitales Q&A mit der Regisseurin statt.
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