Diese Frage hat jemand Şeyda Kurt gestellt und damit ins Schwarze getroffen. Die Autorin und Journalistin feierte 2021 mit ihrem Bestseller «Radikale Zärtlichkeit. Warum Liebe politisch ist» grosse Erfolge. Nun will sie mit «Hass»klarmachen: Sie ist kein «Herzchenhippie» – und beantwortet die obere Frage klar mit Nein. Denn mit Nazis gibt es keine radikal zärtliche Gesellschaft für alle. Aber was genau ist Hass? Die 32-Jährige ordnet das verpönte Gefühl mithilfe einer Mischung aus eigenen Anekdoten und Erkenntnissen von Denker*innen wie Frantz Fanon ein. So zitiert sie Philosophin Hilge Landweer, die Hass deutlich von Verachtung unterscheidet. Diese komme von oben und führe dazu, dass die verachtende Person sich abwende – passe laut ihr also perfekt in die neoliberale Gesellschaft. Hass hingegen komme von unten und könne zu Veränderungen führen, also produktiv sein. Şeydas Analyse fokussiert sich auf marginalisierte Gruppen, die Subjekte des Hasses sind: People of Colour, kolonialisierte oder jüdische Menschen, Frauen und queere Personen. Deren «strategischer Hass», der eine widerständige Handlungsform sein kann, untersucht sie präzise, wortgewandt und humorvoll. Wer «Radikale Zärtlichkeit» gemocht hat, wird die reifere, konsequentere Nachfolgerin «Hass» lieben.
«Hass. Von der Macht eines widerständigen Gefühls» umfasst 208 Seiten und wiegt 270 Gramm.
Laura Marta ist Kommunikationsstudentin mit einer Leidenschaft fürs Schreiben.