U wie Urbanität

Der Begriff «Urbanität» ist vielschichtig und schillernd. Es gibt kaum ein Mehrfamilienhausprojekt am Stadtrand, das nicht mit «Urbanität» und «urbanem Wohnen» für sich wirbt.

Gleichzeitig wird in der Innenstadt zunehmend ein Verlust an Urbanität beklagt, die, schenkt man den Kritiker*innen Glauben, durch Aufwertungsmassnahmen aller Art ausgelöst werden.

Im Kern bezeichnet Urbanität Qualitäten urbanisierter Räume. Welche Qualitäten im Zentrum stehen, unterscheidet sich je nach Zeit, Ort und Position. Immer noch prägend ist die Idee des Soziologen Louis Wirth, dass Urbanität als gesellschaftliche Lebensweise von drei materiellen Faktoren eines Orts bedingt wird: Grösse, Dichte und Heterogenität. Man kann darüber streiten, ob Grösse, Dichte und Heterogenität die entscheidenden Faktoren sind und wie man sie genau bestimmen soll – welche Grösse, welche Dichte, welche Heterogenität? – der Wert von Wirths Setzung liegt jedoch primär darin, dass er auf die enge Verknotung des sozialen und materiellen Raums hingewiesen hat. Urbanität bezeichnet also immer die Verbindung physisch-materieller und sozialer Qualitäten des Raums. So lassen sich denn auch unterschiedliche Vorstellungen von Urbanität entlang ihrer sozio-materiellen Zuschreibungen beschreiben. 

Unabhängig davon haben die Begriffe «Urbanität», «das Urbane» und «Stadt» immer auch politische Bedeutung – und zwar als Gegenbegriff zur «Nation» und zum «Nationalen». Denn die Urbanität oder die spezifisch urbane Qualität eines Raums lässt sich (auch) im Verhältnis zu gesellschaftlicher und politischer Differenz bemessen: Urban sind jene Räume, die Differenz erzeugen, zulassen und gleichzeitig über demokratische Orte verfügen, in denen über den Umgang mit Differenz verhandelt wird, ohne diese einebnen zu wollen. Die Urbanität gegenwärtiger Räume zeigt sich demnach vor allem auch darin, ob und wie in ihnen Differenz gleichzeitig artikuliert und bestritten werden kann.

 


Erklärt von Philippe Koch, Professor für Stadtpolitik und urbane Prozesse, Institut Urban Landscape (ZHAW)

A wie Aufmerksamkeits-ökonomie
Kulturlexikon

Hi! Hei! Hey, ja! Du da, das ist für dich: Aufmerksamkeit ist die neue Währung. Und je mehr um sie gebuhlt wird, desto knapper wird sie, deine Aufmerksamkeit.

L wie Langgedicht
Kulturlexikon

Anfang 20. Jahrhundert wurde das erste zeitgenössische Langgedicht als solches veröffentlicht, ab Mitte der 1960er-Jahre wurde vermehrt über den Begriff gesprochen – doch bis heute ist es schummrig…

F wie Forumtheater
Kulturlexikon

Bei dieser partizipativen Theaterform bleibt das Publikum nicht in einer passiven Zuschauer*innenrolle, sondern gestaltet das Geschehen auf der Bühne aktiv mit.

P wie Provenienz
Kulturlexikon

Was simpel klingt, kann jedoch schnell kompliziert werden – und einiges an politischer und auch finanzieller Sprengkraft mit sich bringen.

H wie Historiografie
Kulturlexikon

Historiografie ist im wörtlichen Sinne das «Schreiben von Geschichte»; auf gut Deutsch also «Geschichtsschreibung».