Im allgemeinen Sprachgebrauch wird die Historiografie auch einfach als «Geschichte» bezeichnet. Geschichte dient zum einen zur Bezeichnung dessen, was geschehen ist, zum anderen ist sie die Darstellung und Erzählung von geschichtlichen Ereignissen. Die moderne Historiografie versteht sich darum als «sprachliche Vermittlung historischer Erkenntnis».
Historiografie liegt folglich immer dann vor, wenn historische Ereignisse schriftlich festgehalten werden – also auch dann, wenn den Darstellungen kein heutiges Verständnis von Wissenschaftlichkeit zugrunde liegt. Sie dient der Darstellung historischer Tatbestände, Situationen, Prozesse und Entwicklungen.
Entsprechend der Art ihrer Darstellung werden verschiedene Arten von Historiografie unterschieden: Es gibt die referierende oder narrative Historiografie, die den erzählenden Charakter der Geschichtsschreibung betont – was besonders fruchtbar scheint, da die Historiografie dem Erzählen von jeher besonders nahe steht. Lange galt die Erzählung als eine vermeintlich minderwertige Form der historischen Erkenntnisvermittlung, aber seit den 1970er Jahren hat sie eine weitgehende Rehabilitierung erfahren. Immer noch sehr lesenswert sind zum Beispiel die historisch fundierten Erzählungen des italienischen Historikers Carlo Ginzburg. Des Weiteren gibt es die pragmatische oder lehrhafte Historiografie, die das Geschehene nach Ursache und Wirkung erfassen und daraus eine Nutzanwendung oder Lehre für die Zukunft ziehen will, sowie die wissenschaftliche Historiografie, welche auf der Basis der Quellen geschichtliche Ereignisse oder Prozesse kritisch zu verstehen und möglichst objektiv darzustellen sucht.
Erklärt von: Andrea Tiziani, Konservator und Vorstandsmitglied Historischer Verein Winterthur