Um diesen Begriff zu verstehen, müssen wir zuerst die ihm zu Grunde liegenden Diskriminierungsformen anerkennen. Wir müssen einsehen: Diskriminierung passiert aufgrund von der ethnischen Zugehörigkeit, der Hautfarbe, der Geschlechtsidentität, der sexuellen Orientierung, des Erscheinungsbildes, des Bildungsstandes, der Einkommenssituation und fast unendlich vielen weiteren Faktoren.
In einem nächsten Schritt sehen wir dann ein, dass eine Person, die in mehreren Bereichen zu einer marginalisierten (also «randständigen»/unterdrückten) Personengruppe gehört, auch mehrfach diskriminiert werden kann. Und nun kommt der Clou: Eine Überschneidung von verschiedenen Diskriminierungsformen ergibt nicht nur die Summe der jeweiligen Diskriminierungsformen, sondern diese «multiplizieren» sich und bilden so ganz neue Diskriminierungserfahrungen.
Das gleiche gilt auch für Privilegien, diese multiplizieren sich ebenso.
Wie so oft in der Geschichte von Kämpfen gegen Diskriminierung waren die Vordenkerinnen der Intersektionalität Schwarze Frauen. Die Hypothese zu Mehrfachunterdrückung wurde massgeblich ab 1980 von lesbischen Schwarzen Feministinnen in den USA vorangetrieben. Dies auch aus Notwendigkeit heraus: Schwarze Bürgerrechtsbewegungen stellten oft Männer und deren Erfahrungen ins Zentrum und Frauenbewegungen fokussier(t)en sich auf weisse Frauen. So blieben Schwarze Frauen bei den Bewegungen aussen vor. Ihre darauffolgende Selbstorganisation versinnbildlicht die Notwendigkeit davon, Intersektionalität bei den Kämpfen gegen Diskriminierung mitzudenken. Denn wie heisst es so schön: Bis wir nicht alle frei sind, ist keine*r so wirklich frei.
Erklärt von Jennifer Unfug, die feministische Theoriebücher liest, Sauerteig-Bagels backt und versucht, möglichst sanft mit sich und ihren Mitmenschen umzugehen.