Winterthurs kulinarische Fermentationslandschaft lässt zu wünschen übrig. In meiner Gaumenerinnerung hallt allerdings noch ein – schaumweingetrübter – Abend im erlebnisgastronomischen Restaurant Rosa Pulver nach, an der auch Fermentiertes seinen Anteil hatte. Also traf ich mich mit Michael Dober, dem dortigen Koch.
Dieser erzählt von raffinierten Gerichten, betont immer wieder die Teamleistung dahinter. Sein Ansatz zum Fermentieren ist pragmatisch. Während manche Leute sich kaum davon abbringen lassen, die absolut idealen Bedingungen für Milchsäurebakterien zu kreieren, verlässt er sich eher auf seinen geschulten Gaumen und auf die Grundregel, 2 Prozent Salz hinzuzufügen. Was gut riecht, ist sauber fermentiert.
Im Rosa Pulver werden Fermente eher sparsam eingesetzt – «der durchschnittliche Geschmackssinn ist nicht darauf ausgerichtet, etwas so Aussergewöhnliches im Zentrum zu haben». Während des Prozesses verändern sich die Geschmäcker oft in eine unvorhergesehene Richtung. Das Küchenteam benutzt Fermentiertes, um den Geschmack auf ein weiteres Level zu heben – «ufelupfe», wie es Dober nennt. Er schätzt das überraschende Element, das salzfermentiertes Gemüse beispielsweise einem Fonds hinzufügt. Das Abgefahrenste, was er bis jetzt salzfermentiert hat, ist übrigens Salat. Dann erzählt mir Michi, wie das Fermentieren dem Rosa Pulver hilft, die eigenen Ansprüche bezüglich Nachhaltigkeit umzusetzen – im Mikrobentopf landen nämlich meist Anschnitte und Gemüse, die verwertet werden müssen. So kann das Team vermeintliche Reste nicht nur ver-, sondern geschmacklich sogar aufwerten.
Rezept
500g von jedem erdenklichen Gemüse (Anschnitte!)
10g Salz
Ein sauberes Glas
Gewicht zum Beschweren des Gemüses
und jede Menge Zeit (3-5 Tage)
Du kannst Gemüsereste mit Salz in einem sauberen Glas vermengen. Ist es trocken, empfiehlt es sich, das Salz in Wasser aufzulösen. Während des Prozesses sollte das Gemüse ständig komplett mit Salzwasser bedeckt sein, schwimmt es obenauf, kannst du ein Gewicht darauf legen (bspw. ein mit Wasser gefüllter Gefrierbeutel).
Das Glas mit einem Teller oder ähnlichem abdecken. Achtung: nicht luftdicht verschliessen, da beim Fermentieren Druck im Gefäss entstehen kann.
Du kannst deine Mischung nach 2-3 Tagen probieren, nach 4-5 Tagen sind vermutlich die komplexesten Aromen am Start. Und nun? Du kannst dein Gemüse einfach so essen oder püriert in eine Sauce tun, je nach Geschmack! Das Ganze ist übrigens ewig haltbar, Salzfermentation war ursprünglich eine Methode zum Haltbarmachen – zur Sicherheit würde ich das Ferment aber trotzdem gut verschlossen im Kühlschrank aufbewahren.