Beim Pfarrhaus Veltheim nimmt der Garten eine zentrale Rolle ein. Auffallend ist, dass ihn keine Hecke umgibt, um Privatsphäre für die Bewohnerinnen und Bewohner zu schaffen. Frau Steiner ist es wichtig, dass sich Passantinnen und Passanten an dem bunten Blumengarten erfreuen, er soll aufbauend wirken und symbolisch für Heiterkeit und Lebensfreude stehen. Unmittelbar nach dem Einzug im Frühjahr 2016 hat Frau Steiner mit der Pflege des Gartens begonnen. Die passionierte Hobby-Gärtnerin ist sichtlich stolz auf den bunt gemischten Bauerngarten. Und sie legt grossen Wert darauf, dass er einladend aussiehtund einen gut gepflegten Eindruck macht.
Denselben Eindruck macht auch das Pfarrhaus: Das zirka 1818 im klassizistischen Stil erbaute Pfarrhaus strahlt Zuversicht aus. Die Räume sind grosszügig und werden durch die vielen Fenster mit Licht durchflutet. Das gesamte Haus ist sehr sauber und ordentlich gehalten. Frau Steiner ist ein freundlicher Anblick wichtig und hat das auch ihren vier Kindern ans Herz gelegt.
«Es macht mir nichts aus, dass sich meine Arbeit und mein Zuhause örtlich kaum trennen lassen, im Gegenteil», sagt Pfarrer Steiner. Der Beruf des Seelsorgers kommt aus der vorindustriellen Zeit und kennt somit keine starren Arbeitszeiten. Pfarrer Steiner schätzt es, am frühen Morgen fürs Gebet über die kleine Brücke in die Kirche gehen zu können oder das Mittagessen mit der Familie nicht zu verpassen. So war es ihm immer möglich, neben seiner Tätigkeit als Pfarrer auch Familienvater zu sein.
Auf einem kleinen runden Tisch mit weisser, bestickter Tischdecke steht ein Glas Wasser bereit. Das Zimmer ist schlicht. Der Zürcher Wellenschrank ist geschlossen; das Sonnenlicht fällt auf die weissen Wände und Vorhänge. Hier suchen Menschen mit Sorgen den Pfarrer Steiner auf und bitten ihn um Rat. Andere kommen, um mit ihm die Organisation einer Trauerfeier, Taufe oder Hochzeit zu besprechen. Es gehört zu den ungeschriebenen Gesetzen, dass im Pfarrhaus ein Zimmer für solche Besprechungen in vertrauter Atmosphäre eingerichtet ist.
Auch wenn sich Herr Steiner nicht in einer Vorbildfunktion sieht, so glaubt er doch, dass ein gepflegtes Pfarrhaus symbolische Wirkung hat und Vertrauen unterstützt. Ursprünglich – in ländlichen Regionen zum Teil heute noch – erwartete die Gemeinde von der gesamten Familie des Pfarrers eine Vorbildlichkeit. Diese Erwartungen können besonders auf die Kinder Druck ausüben und einengend wirken. In Winterthur geniessen die Kinder jedoch mehr Anonymität und können ihren eigenen Weg unbefangen beschreiten.
Zuvor wohnte Herr Steiner mit seiner Familie im Pfarrhaus an der Bettenstrasse, ebenfalls in Veltheim. Allerdings waren die Räumlichkeiten für die sechsköpfige Familie zu knapp geworden. Da für die Pfarrfamilie noch immer Residenzpflicht im vorgesehenen Haus herrscht, spielt für Herrn Steiner bei einer Bewerbung für ein Pfarramt jeweils auch das zukünftige Wohnhaus eine Rolle. Bis anhin haben die Steiners in vier verschiedenen Pfarrhäusern gewohnt, unter anderem auch im Elsass.
Es sind vor allem die mobilen Dinge wie Teppiche und Möbel, weniger die Liegenschaft, die für die Steiners ihr Zuhause ausmachen. Die bisherigen Umzüge haben sie gelehrt, sich ab dem ersten Moment am neuen Ort gänzlich niederzulassen. Auch wenn es zum Teil nur vorübergehende Bleiben waren, haben sie keinen Aufwand und keine Investition gescheut, um diese zu einem trauten Heim zu machen. Gänzlich zu Hause fühlt sich Herr Steiner jeweils trotzdem erst nach der ersten verbrachten Weihnachtsfeier, dann nämlich, wenn das Haus einmal mit familieninternen Traditionen gefüllt worden ist.