Daheim im Frauenhaus

Daheim im Frauenhaus

Das Zuhause ist für viele ein Ort des Rückzugs und der Geborgenheit. Für Opfer häuslicher Gewalt wird das Heim jedoch zur Hölle. Im Frauenhaus finden Frauen – zumindest vorrübergehend – wieder Ruhe.

Wir treffen Co-Leiterin Petra Wigger im Freien und spazieren gemeinsam zum Frauenhaus; die Adresse muss aus Sicherheitsgründen geheim bleiben. Es hat erste Priorität, dass sich die Frauen hier vollumfänglich sicher und wohl fühlen können, auch wenn es nur für begrenzte Zeit ist. In besonders bedrohlichen Situationen arbeiten die verschiedenen Frauenhäuser der Schweiz zusammen und ermöglichen so eine Umplatzierung innerhalb des Kantons oder in eine andere Region. Durchschnittlich wohnen die Frauen 30 Tage im Frauenhaus, der Aufenthalt kann aber von wenigen Tagen bis hin zu drei Monaten reichen. In den ersten 21 Tagen kommt in der Regel die Opferhilfe für die täglichen Kosten auf.

 

Der grosszügige Garten, der das Anwesen umgibt, bietet vielfältige Spielmöglichkeiten und lauschige, gemütliche Plätze. Vor allem für Frauen und Kinder, derer Sicherheitsdispositiv es nicht erlaubt, dass sie sich vom Grundstück entfernen, ist dieser Freiluftbereich von grosser Bedeutung.

Das Frauenhaus erinnert ein bisschen an eine grosse Wohngemeinschaft. Zurzeit leben acht Frauen und acht Kinder in den hellen Räumlichkeiten. Ein Ämtchenplan regelt das Zusammenleben in den Gemeinschaftsräumen, in Küche, Bad, Wohnzimmer und Spielzimmer auf dem Dachboden. Es steht den Frauen weitgehend frei, ihren Alltag selbst zu gestalten. Wenn sie wollen, können sie an einem schlanken Freizeitprogramm teilnehmen. Dieses beinhaltet Yogalektionen, Spielnachmittage für Kinder und hin und wieder am Wochenende einen Ausflug. Am Mittag kochen und essen die Bewohnerinnen gemeinsam mit den Betreuerinnen. Die Stimmung ist lebhaft, die meisten Frauen werden aber von ihrer eigenen Situation so beansprucht, dass sie nur begrenzt Kapazität haben sich auf neue Bekanntschaften einzulassen.

Zum Schutz der Frauen gelten besondere Regeln für die Bewohnerinnen des Frauenhauses. So wird der Handygebrauch reglementiert, Kontaktaufnahmen durch den Täter und mögliche Reaktionen werden mit einer Fachfrau besprochen. Auch Besuch von Freundinnen, Freunden und Verwandten sind nicht erlaubt.

Wie ein Kurort kann man sich das Frauenhaus trotz Bemühungen des Personals und trotz der einladenden Atmosphäre dennoch nicht vorstellen. Die Zeit ist für die Frauen intensiv. Sie müssen ihre eigene Situation ergründen und berufliche und soziale Massnahmen ergreifen, um sich selbst langfristig zu schützen.

Eine Frau wird jeweils von einer Fachfrau begleitet, so dass zwischen ihnen ein vertrautes Verhältnis entsteht. Neben alltäglichen und organisatorischen Aufgaben berät die Bezugsperson auch in rechtlichen und psychosozialen Fragen. Dafür ist eine enge Zusammenarbeit mit Rechtsvertreterinnen, Fachstellen, Sozialämtern, der KESB und der Polizei wichtig.

Seit 2004 gilt Gewalt in Partnerschaften als Offizialdelikt. Für viele scheint häusliche Gewalt aber eher ein Problem einiger «schwacher» Opfer als eine gesellschaftliche Realität zu sein. Gemäss Auskunft der Fachfrauen besteht in der Aufklärungsarbeit noch viel Nachholbedarf. Die Herausforderung in der Öffentlichkeitsarbeit besteht darin, den Diskurs zu fördern und dennoch die Frauen zu schützen. In diesem Sinne arbeiten die Fachfrauen mit allen beteiligten Akteurinnen und Akteuren wie Polizei, Beratungsstellen, Mannebüro und anderen zusammen.

Der Mann wird informiert, dass die Frau und die Kinder in Sicherheit sind, um die Situation zu deeskalieren. Wenn es die Situation erlaubt, werden dem Kind im Beisein einer Betreuerin Telefonate mit dem Vater ermöglicht. Seit 1997 gibt es in Zürich das Mannebüro, wo Männer mit Agressionsproblemen auf Eigeninitiative von Beratung und Workshops zum Thema häuslicher Gewalt Gebrauch machen können.

Nach drei Wochen Aufenthalt muss eine Anschlusslösung gefunden sein. Bei bestehender Bedrohung wird die Gemeinde angefragt, die allfallenden Kosten zu übernehmen. Ansonsten wird versucht, eine Wohnung zu finden oder die Frauen bei vertraulichen Personen unterzubringen. Trotz der Schwierigkeiten kehren 12 Prozent der Frauen unmittelbar nach dem Aufenthalt im Frauenhaus zum Täter zurück.

Der Weg für Opfer häuslicher Gewalt ist hart. Bis sie wieder Vertrauen in sich und die Menschen in ihrem Umfeld gewinnen können, dauert es oft lange. Als erste Station ausserhalb der eigenen vier Wände kann das Frauenhaus mit professioneller Unterstützung und einer sicheren Bleibe die Frauen ein Stück auf diesem steinigen Weg begleiten.

Daheim im Casinotheater
Daheim im Casinotheater
Daheim in

Künstler*innen, die im Casinotheater Winterthur auftreten, können während dieser Zeit in der hauseigenen Wohnung leben. Musiker Resli Burri nutzt diese Möglichkeit regelmässig.

Daheim in den Archhöfen
Daheim in den Archhöfen
Daheim in

Seit 2013 ragt auf dem Archplatz das imposante Einkaufszentrum in den Winterthurer Himmel. Ein Besuch im umstrittensten Gebäude der Stadt.

Daheim an der Ida-Sträuli-Strasse
Daheim an der Ida-Sträuli-Strasse
Daheim in

Sieben Männer mit kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen wohnen in der Lebensgemeinschaft Chupferhammer in Winterthur Hegi. Eine WG für ein selbstbestimmtes Leben.

Daheim auf dem Bettlihof
Daheim auf dem Bettlihof
Daheim in

Bereits drei Saisons verbrachte der Berliner André Simonow auf dem Bettlihof. Die Ruhe auf dem Land dient dem freischaffenden Fotografen als Rückzugsort und Inspiration.

Daheim auf dem Schulareal
Daheim auf dem Schulareal
Daheim in

Die vierköpfige Familie Ochsner wohnt seit 20 Jahren auf dem Schulareal der Sekundarschule Feld in Veltheim. Der nahe Arbeitsweg verschafft dem Ehepaar mehr Zeit für Kinder und Familie.